Nanoskalige Materialien für katalytische Prozesse

Übergangsmetallnanopartikel spielen eine große Rolle im Bereich Katalyse, nicht nur in der akademischen Forschung, sondern auch bei vielen Verfahren von großer indust­rieller und gesellschaftlicher Relevanz. Obwohl bereits kleine Verbesserungen der katalytischen Eigenschaften dieser Materialien einen großen ökonomischen bzw. öko­logischen Einfluss haben können, sind die Vorgänge/Mechanismen, die auf der Ober­fläche ablaufen, sowie die Natur des aktiven Zentrums oft nicht verstanden bzw. bekannt. Für ein rationales Design von Katalysatoren mit verbesserter katalytischer Aktivität bzw. Selektivität ist ein besseres Verständnis dieser Grundlagen jedoch Voraussetzung. In diesem Zusammenhang können Modellkatalysatoren mit definier­ten Materialeigenschaften zur Aufklärung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen unter anwendungsrelevanten Bedingungen bei­tragen.

                                                              

Wir entwickeln maßgeschneiderte Nanopartikel, die wir als Vorläufer zur Herstellung von definierten Modellkatalysatoren für verschiedene Reaktionen nutzen. Die Nanopartikel dienen dabei als definierte Bausteine in einem flexiblen Werkzeugkasten, um die Eigenschaften der Katalysatoren gezielt einzustellen. Die Nanopartikel werden in der Regel auf einem Trägermaterial verankert. Alternativ können die Nanopartikel auch als quasihomogene Katalysatoren in Form von Dispersionen in flüssigen Trägermedien (z.B. ionische Flüssigkeiten) eingesetzt werden. Maßgeschneiderte, nanopar­tikelbasierte Pulverkatalysatoren können eine Brücke zwischen den grundlegenden Oberflächenuntersuchungen an Einkristallen und der industriellen Anwendung bilden.

Die Entwicklung hochwertiger Nanopartikel und Modellkatalysatoren erfordert ein gro­ßes Repertoire an chemischen Synthesemethoden, die das gezielte Einstellen der Ein­flussgrößen ermöglichen. Wir entwickeln deshalb verschiedene Synthesestrategien wie beispielsweise Solvothermal-, Zersetzungs-, Polyol- und Reduktionsverfahren. Außerdem nutzen wir die besonderen physikochemischen Eigenschaften von ionischen Flüssigkeiten, um Keim-/Wachstumsprozesse in der Flüssigphase zu kontrollieren und die Nanopartikel über schwach koordinierende Anionen / Kationen zu stabilisieren. Wir verwenden verschiedene Charakterisierungsmethoden, um die Nanopartikel und Katalysatoren in Größe, Form, Struktur und Zusammensetzung zu analysieren, z.B. Elektronen­mikroskopie (REM, TEM, EDX), Röntgenbeugung (XRD, SAXS), Dynamische Lichtstreuung (DLS), IR, UV-Vis und optische Emissionsspektroskopie (ICP-OES) bzw. klassische Oberflächenmethoden (z.B. N2-Physisorption).

                           

Abbildung 1. Wir entwickeln Nanopartikel mit maßgeschneiderter Größe, Form und Zusammensetzung, die wir als Vorläufer bei der Herstellung von Katalysatoren nutzen (Precursor-Prinzip), um Struktur/Eigenschaftsbeziehungen aufzuklären.

Unser Fokus liegt derzeit insbesondere auf einem besseren Verständnis von Synthe­segasprozessen (einstufige Synthese von Dimethylether aus Synthesegas (CO2/CO/H2) mit bifunktionalen Katalysatoren), der selektiven Hydrierung organischer Sub­strate in der Flüssigphase (quasihomogene Katalysatoren in ionischen Flüssigkeiten) sowie der direkten Synthese von Wasserstoffperoxid aus molekularem Wasserstoff und Sauerstoff. Hier betreiben wir verschiedene kontinuierliche, halbkontinuierliche und Satzreaktoren, um die katalytischen Eigenschaften in Abhängigkeit verschiedener Materialparameter (Größe, Form, Struktur und Zusammensetzung) zu untersuchen. Im Rahmen des SFBs 1441 „Tracking the Active Site in Heterogeneous Catalysis for Emission Control” interessieren wir uns außerdem für die Entwicklung von pulverförmigen Modellkatalysatoren zur Emissionskontrolle.

Ausgewählte Übersichtsartikel:

  1. D.I. Sharapa, D.E. Doronkin, F. Studt, J.-D. Grunwaldt, S. Behrens, Moving Frontiers in Transition Metal Catalysis: Synthesis, Characterization and Modeling, Adv. Mater. (2019), 31, 1807381

 

Für weitere Informationen zum Thema siehe Publikationen.

Funktionsmaterialien: Magnetische Nanopartikel und Hybridmaterialien

Weiche Materialien, die kontaktlos auf äußere Stimuli reagieren, haben großes Inte­resse bei der Herstellung funktionaler Materialien und intelligenter Systeme geweckt. Insbesondere die Hybridisierung von magnetischen Nanopartikeln (MNPs) mit isotro­pen und anisotropen, organischen Matrizes (z.B. technische Öle bzw. Flüssigkristalle (LCs)) eröffnet neue Perspektiven zur Entwicklung neuartiger magnetoresponsiver Materialien (z.B. Ferrofluide und Ferronematen) für verschiedene Anwendungen.

                                                          

Abbildung 1. Magnetische Hybridmaterialien: Ferrofluid mit typischen Rosensweig-Instabilitäten und Magnetseparation von Katalysatoren.

Wir entwickeln Nanopartikel verschiedener anorganischer Magnetmaterialien (z.B. Ferrite mit Spinell- oder Magnetoplumbitstruktur, Magnetmetalle/Legierungen) mit ein­stellbarer Größe und Form (Kugeln, Stäbchen, Plättchen etc.) und maßgeschneiderten magnetischen Eigenschaften über Syntheseverfahren (z.B. Solvothermal-, Zerset­zungs-, Reduktions- bzw. Fällungsverfahren) in der Flüssigphase.

Abbildung 2. Synthese von Nanopartikeln in Flüssigphase: Autoklav zur Solvothermalsynthese, secheckige, Sc-dotierte BaFe12O19-Plättchen und typische Magnetisierungskurven geblockter ferromagnetischer, paramagnetischer bzw. superparamagnetischer Materialien.

Die Partikel werden anschließend in isotropen oder anisotropen, organischen Matrizes (z.B. technische Öle, LCs) stabilisiert. LCs zeichnen sich durch die Kombination der Fließfähigkeit gewöhnlicher Flüssigkeiten mit den für kristalline, anisotrope Materialien typischen Eigenschaften wie optische Doppelbrechung aus. Das Einbringen von anor­ganischen Magnetpartikeln in LC-Matrizes führt zu elastischen Verzerrungen des Direktors und/oder zur Störung des lokalen Ordnungsparameters in der Umgebung der magnetischen Nanopartikel und damit zu LC-vermittelten Wechselwirkungen zwischen den Partikeln. Daher ist die Tendenz der Magnetnanopartikel zu Agglomeration bzw. kompletter Phasenseparation in der anisotropen LC-Phase viel stärker ausgeprägt als in der entsprechenden isotropen Phase. Die gezielte Einstellung der Oberflächeneigenschaften der Magnetpartikel ist daher von großer Bedeutung, um stabile Ferronematen zu erhalten.

Abbildung 3. Die Stabilisierung der Magnetnanopartikel in LCs und die Herstellung von Ferronematen erfordern eine spezifische Oberflächenfunktionalisierung der Partikel mit Liganden. Diese bestehen gewöhnlich aus drei strukturellen Einheiten: einer mesogenen Einheit (1) und einer funktionellen Gruppe (2) zur Bindung an die Magnetpartikel, welche über einen langkettigen Linker (3) miteinander verbunden sind. Gezeigt ist ein Ferronemat in 4-Cyano-4‘-pentylbiphenyl (5CB) sowie die Modulation der optischen Eigenschaften eines Ferronematen im Magnetfeld.

 

Ausgewählte Übersichtsartikel zum Thema:

  1. M. Hähsler, I. Appel, S. Behrens, Magnetic Hybrid Materials in Liquid Crystals, Phys. Sci. Rev. (2021), https://doi.org/10.1515/psr-2019-0090
  2. S. Behrens, I. Appel, Magnetic Nanocomposites, Curr. Op. Biotechnol. (2016), 39, 89 – 96
  3. S. Behrens, Preparation of Functional Magnetic Nanocomposites and Hybrid Materials: Recent Progress and Future Directions, Nanoscale (2011), 3, 877 – 892

 

Für weitere Informationen zum Thema siehe Publikationen.